Digitale Zahlungswirtschaft: Fünf Voraussagen für 2022
Die Branche der Zahlungswirtschaft und -industrie durchlebt einen markanten Wandel. Bedingt durch die zunehmende gesellschaftliche Digitalisierung verändert sich auch die Art und Weise, wie wir Geld transferieren: Es entfaltet sich ein Trend, der uns weg von Barzahlungen und hin zu digitalen Geldüberweisungen, Währungen und Wallets führt. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Wandel in naher Zukunft beschleunigen wird. Dieser Artikel beschäftigt sich mit fünf Prognosen, die die Branche in diesem Jahr prägen könnten.
1. Das Volumen des digitalen Geldverkehrs wird neue Höchststände erreichen
Die langfristige Ausbreitung und Etablierung des Internets haben auch einen langfristigen Boom des digitalen Handels ausgelöst. Dieser Strukturwandel hat auch das Transaktionsverhalten von Konsumenten und Unternehmen für online verfügbare Produkte und Dienstleistungen verändert, und im gleichen Zuge die Notwendigkeit von Bargeld drastisch reduziert. Zudem hat der Boom zu mehr Innovationen im Sektor der digitalen Transaktionen geführt, da Konsumenten statt traditioneller Kartenzahlungen mehr und mehr auf Online-Zahlungsverarbeiter wie PayPal oder Zahlungen nach Prinzip von Buy now, pay later (BNPL) setzen. Gerade BNPL erlebte in den letzten, von einem Niedrigzinsumfeld geprägten Jahren eine neue Blütezeit.
Darüber hinaus ist das Wachstum des digitalen Handels mit einem weiteren Megatrend verflochten: Der rasanten und umfassenden Verbreitung von Smartphones. Die Akzeptanz von kontaktlosen Zahlungen im stationären Handel, und darüber hinaus die konsumentenseitige Annahme alternativer Zahlungsmethoden– zum Beispiel durch digitale Wallets als Smartphone-Apps – führen zu einer weiteren Reduktion von Barzahlungen. In vielen Schwellenmärkten sind digitale Wallets bereits jetzt beliebter als Barzahlungen und haben im Zuge ihrer Etablierung völlig neue digitale Ökosysteme mit aufgezogen.
Wir sind der Ansicht, dass diese Trends zu neuen Rekorden bei digitalen Zahlungen führen werden. Die Transaktionsvolumen in den Bereichen Online-Handel und mobilen POS-Zahlungen sollen Daten von Statista zufolge weltweit von rund 5,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 auf 10,5 Milliarden im Jahr 2025 ansteigen, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (compound annual growth rate) von 14 Prozent entspricht.[1]
Ein Unternehmen, das sich diesem Trend gegenüber günstig positioniert sieht, ist der Fintech-Dienstleister Fisver. Bei Fisver handelt es sich um einen dominanten Player, dessen vielfältiges Produktportfolio und technische Innovationen einer wachsenden und heterogenen Gruppe von Kunden zur Verfügung stehen und diesen moderne, skalierbare und transparente Zahlungslösungen zu reduzierten Betriebskosten bieten. Den Erfolg des Systems stellen auch die Unternehmensgewinne unter Beweis, die die Erwartungen von Analysten in jedem der letzten vier Quartale übertroffen haben. Aktuell wird ein Jahreswachstum von 10 Prozent erwartet.[2]
2. Krypto-Transaktionen werden weitere Marktanteile erobern
Wir sind zudem der Ansicht, dass das kommende Jahr auch im Bereich der Krypto-Zahlungen mit starkem Wachstum aufwartet. Zahlungen über Blockchains bzw. mit Kryptowährungen bieten gleich mehrere Vorteile: Sie reduzieren die normalerweise hohen Kosten von länderübergreifenden Geldtransfers drastisch und sind deutlich schneller als Überweisungen durch konventionelle Banken. Es ist somit auch kein Wunder, dass die Nachfrage nach entsprechenden Dienstleistungen beständig wächst und viele Krypto-Börsen mittlerweile Geldanweisungen anbieten, die von Arbeitsmigranten und deren Familien genutzt werden.
Ein anschauliches Beispiel ist El Salvador: Im zentralamerikanischen Staat kamen 2020[3] Zahlungen im Wert von über sechs Milliarden Dollar in der US-Währung an. El Salvador ist nach wie vor ein Land, das von ausländischen Devisen lebt und mit der gesetzlichen Etablierung von Bitcoin als Zahlungsmittel ein enormes Potenzial für Krypto-Zahlungen geschaffen hat.
Letztendlich wird der Erfolg dieser Zahlungsmethode vom regulatorischen Umfeld abhängen, das von Land zu Land unterschiedlich ausgestaltet ist. Das wird mit Blick auf die Länder deutlich, in die die meisten Geldtransfers gehen und deren Zentralbanken Krypto-Zahlungen gänzlich verboten haben: China und Indien. In den Philippinen und Pakistan wiederum zeigten die Behörden eine neutralere Einstellung, während in der Ukraine sogar eine pro-aktive Regulierung des Krypto-Raums stattfindet.
3. The ”Creator Economy” wird Innovationen des Zahlungsverkehrs weiter antreiben
Wir leben in einer Zeit, in der Menschen nur mit einem YouTube-Channel reich werden können, in der man sogar schon von Kindern liest, die mit Spielzeug-Reviews oder dem Livestreamen von Computerspielen zu Millionären wurden. Das explosionsartige Wachstum digitaler Plattformen hat es kreativen Talenten ermöglicht, ihre Arbeit zu monetarisieren und ein wirklich globales Publikum anzusprechen. Wir glauben, dass es in der Kreativwirtschaft eine Vielzahl von neuen Zahlungsverkehrslösungen geben wird.
Der Wert dieser Kreativwirtschaft wird weltweit auf etwa 100 Milliarden Dollar geschätzt, und das auch durch den Anstieg von Telearbeit bedingte Wachstum zeigt kaum Anzeichen der Abschwächung. Allein der Markt für Influencer-Marketing wurde im vergangenen Jahr auf 13,8 Milliarden Dollar[4] geschätzt. Diese Entwicklung bietet eine Gelegenheit für grenzüberschreitende Zahlungen, da die Menschen Inhalte konsumieren und finanziell unterstützen, unabhängig davon, wo auf der Welt sie erstellt wurden.
Zahlungsverarbeitende Unternehmen profitieren bereits jetzt, wie man im Falle von Payoneer und PayPal sehen kann: Payoneer, ein Anbieter von Zahlungsdienstleistungen liefert Lösungen für die Online-Lernplattform Udemy und Pateron, einer Plattform, die Business Tools für Content-Schaffende anbietet. PayPal wiederum kooperiert mit der Online-Verkaufsplattform Etsy, dem Videoportal TikTok und dem Streamingdienst Twitch.
Darüber hinaus haben Content-Produzenten stetigen Bedarf nach Unterstützung beim Bewältigen von kulturellen und sprachbezogenen Differenzen sowie nach innovativen Zahlungsnetzwerken, die auch über Ländergrenzen ihre Arbeit schnell und effektiv machen. Vor allem Geschwindigkeit ist in der schnelllebigen Welt der digitalen Inhalte von entscheidender Bedeutung.
4. Der Aufstieg von digitalem Zentralbankgeld (CBDCs)
Die weit verbreitete Adoption von Kryptowährungen hat bei vielen Zentralbanken Besorgnis ausgelöst, da sie das Potenzial hat, den monetären Transmissionsmechanismus durcheinanderzubringen und systemische Instabilität zu verursachen. In der Tat verweisen Marketingmaßnahmen um den Bitcoin häufig auf dessen Potenzial als Wertaufbewahrungsmittel und spielen darauf an, dass Fiatwährungen wie der Dollar an Wert verlieren könnten. Infolgedessen erwägen bereits 86 Prozent [5] der Zentralbanken der Welt die Einführung digitaler Fiat-Währungen. Dabei handelt es sich um eine virtuelle Form des Fiat-Geldes eines Landes, die es Haushalten und Unternehmen ermöglicht, elektronische Zahlungen direkt mit dem von den Zentralbanken ausgegebenen Geld zu tätigen.
Die Chinesische Volksbank lancierte ihren digitalen Yuan (e-CNY) im November 2020, obwohl bereits 2014 eine Arbeitsgruppe zur Erforschung von digitalem Zentralbankgeld ins Leben gerufen wurde. Der digitale Yuan wurde entworfen, um sowohl mit anderen digitalen Währungen wie CBDCs oder Kryptowährungen konkurrieren zu können als auch die Position des Renminbi als führende Währung Chinas sicherzustellen.
Es wird erwartet, dass der digitale Yuan bei den Olympischen Winterspielen 2022 ein großes Transaktionsvolumen generieren wird. Vor kurzem kündigte Chinas größte mobile Zahlungs- und Messaging-App WeChat zudem an, ihren Nutzern Zahlungen mit dem CBDC zu ermöglichen.
Andernorts haben die Monetary Authority of Singapore (MAS) und die Banque de France die Integration von CBDCs für Interbankenzahlungen getestet und damit eine potenzielle Anwendung der digitalen Währungen für Großkunden geschaffen. Südafrika, Indien, Pakistan, Südkorea und Thailand planen die baldige Einführung ihrer eigenen offiziellen digitalen Währungen. Darüber hinaus gibt es weitere spannende Entwicklungen in diesem Bereich, darunter der digitale Euro, die schwedische e-Krona und sogar der Bitcoin.
Auch wenn wir kurzfristig nicht mit einer weit verbreiteten Einführung von CBDCs rechnen, bleibt dies ein spannender Bereich, und wir erwarten, dass noch mehr Länder die Möglichkeit ihrer Rolle in der künftigen Zahlungsverkehrswirtschaft prüfen werden.
5. Ein gesunder Nachschub an IPOs und M&As
Zuletzt sind wir der Ansicht, dass die Branche der digitalen Zahlungen aktuell eine ganze Reihe an Unternehmen, die vor dem Börsengang (IPO) stehen, bereithält und darüber hinaus noch viele junge, innovative Player kurz vor ihrem Markteintritt stehen. Gerüchten zufolge dürfte Ebanx kurz vor einem IPO stehen. Das brasilianische Fintech-Unternehmen bietet eine Zahlungslösung an, die es Menschen ermöglicht, auch ohne Kredit- oder Debitkarte Online-Einkäufe zu tätigen. Dies ist in Lateinamerika und der Karibik wichtig, wo fast die Hälfte der Bevölkerung kein Bankkonto oder aus anderen Gründen keinen Zugang zu konventionellen Banken hat. Auch dem Unternehmen Revolut wird weiterhin ein noch in diesem Jahr bevorstehender Börsengang nachgesagt. Weitere potenzielle Kandidaten sind checkout.com, Flutterwave, NIUM, PLAID, Stripe, WorldRemit und Zopa.
Neben den Börsengängen erwarten wir auch eine Konsolidierung in dieser stark fragmentierten Branche durch laufende Fusions- und Übernahmeaktivitäten. Innovative Neugründungen werden in der Lage sein, ihre Aktivitäten zu erweitern, und bestehende Teilnehmer werden in der Lage sein, ihre Produktportfolios zu diversifizieren und ihre geografische Reichweite zu vergrößern.
Ein gegenwärtiges Beispiel dafür ist die Übernahme von Afterpay durch Block (ehemals Square). Afterpay wurde 2014 gegründet und war Australiens größtes “Jetzt kaufen, später bezahlen” (BNPL)-Unternehmen, das seinen 16 Millionen Nutzern die Bezahlung von Waren und Dienstleistungen in Raten ermöglichte. Dieser Sektor hat sich im Lichte des aktuellen Niedrigzinsumfeldes weltweit gut entwickelt, auch wenn seine Leistung in letzter Zeit aufgrund von regulatorischen Bedenken in Bezug auf Verbraucherkredite insbesondere in Australien nachgelassen hat. Block bietet Lösungen für den mobilen Zahlungsverkehr und entwickelt Point-of-Sale-Software. Das Unternehmen erhält von unserem Forschungspartner Euromonitor die höchste Umsatzreinheitsnote von Fünf. Die Übernahme wird die bisher größte von Block sein und der Kaufpreis ist laut Reuters die größte Summe, die je für ein australisches Unternehmen gezahlt wurde.
Fusionen und Übernahmen (mergers and acquisitions, M&As) sind vor allem für etablierte Unternehmen, die ihre veralteten Systeme modernisieren und ihren Kunden kosteneffiziente und personalisierte Erfahrungen bieten wollen, eine interessante Option. Der Zahlungsverkehrsbereich wird seit jeher von Anbietern von Kartenzahlungsnetzwerken wie Visa und Mastercard dominiert – und Übernahmen stellen für diese Unternehmen eine Möglichkeit dar, ihre Vormachtstellung auf dem Markt zu festigen.
So plant Visa beispielsweise eine 2,2 Milliarden Dollar schwere Übernahme[6] des Unternehmens Tink, einer schwedischen Open-Banking-Plattform, die es Finanzinstituten, Händlern und Fintechs ermöglicht, über eine Anwendungsprogrammierschnittstelle (API) Open-Banking-Tools wie Finanzverwaltungstools und Kontoverifizierung zu konstruieren.
Das sind unsere fünf Prognosen für das Jahr 2022. Der Übergang zur künftigen digitalen Zahlungsverkehrswirtschaft ist ein dynamischer Prozess, bei dem zuvor für unwahrscheinlich befundene Konzepte und Ideen nun auf dem Weg sind, den Status quo herauszufordern. Eines bleibt sicher, egal ob unsere Vorhersagen im kommenden Jahr eintreffen oder nicht: Die Branche des Zahlungsverkehrs ist reich an Möglichkeiten und bleibt alles andere als langweilig!
Verwandter ETF
PMNT: Rize Digital Payments Economy UCITS ETF
Quellen:
[1] CAGR: Compound Annual Growth Rate / average growth rate per year. Source: Statista Digital Market Outlook 2021
[2] Fiserv, ‘Fiserv Reports Third Quarter 2021 Results’, October 27, 2021. Available at: https://newsroom.fiserv.com/news-releases/news-release-details/fiserv-reports-third-quarter-2021-results
[3] Australian Institute of International Affairs, ‘2021 in Review: El Salvador’s Bitcoin Experiment, Australian Institute of International Affairs’, 27 December 2021. Available at https://www.internationalaffairs.org.au/australianoutlook/el-salvadors-bitcoin-experiment/
[4] Statista, ‘Worldwide; Influencer Marketing Hub’, February 2021. Available at: https://www.statista.com/statistics/1092819/global-influencer-market-size/
[5] Bank for International Settlements (BIS), ‘BIS Papers No. 114 – Ready, steady, go? – Results of the third BIS survey on central bank digital currency’, January 2021. Available at https://www.bis.org/publ/bppdf/bispap114.pdf
[6] Visa, ‘Visa To Acquire European Open Banking Platform Tink’, 24 February 2021. Available at: https://www.visa.co.uk/about-visa/newsroom/press-releases.3112117.html