So Geht Der Kauf

          Die Aussichten in den Subsektoren der nachhaltigen Ernährungswirtschaft im Jahr 2023

          Im vergangenen Jahr stellte sich die „COP27“ – die UN-Klimakonferenz – als ein echter Wendepunkt heraus.

          Bereits seit einiger Zeit stellt das globale Ernährungssystem einen der offensichtlichsten, aber auch am meisten unterschlagenen Faktoren rund um das Klimathema dar. Zum ersten Mal in der Geschichte der UN-Klimakonferenz wurde dem Thema der Nachhaltigkeit von Lebensmitteln nun aber ein ganzer Tag gewidmet. Der erstmalig veranstaltete „Food Systems Pavilion“ der COP27 brachte mehr als fünfzehn internationale Führungskräfte aus dem öffentlichen, privaten und gemeinnützigen Sektor zusammen an einen Tisch, um über Ernährung und Nachhaltigkeit zu sprechen.

          Das Lebensmittelsystem ist heute für etwa ein Drittel aller Treibhausgasemissionen verantwortlich, erhält aber derzeit nur drei Prozent der für Klima-Maßnahmen gewidmeten Finanzmittel.[1] Das ist zweiundzwanzig Mal weniger als das gesamte, in Energie und Verkehr investierte Kapital.

          Es offenbart sich also eine enorme Diskrepanz, die jedoch – unserer Ansicht nach – eine große Chance für Impact-Investoren darstellt. Die COP27 brachte die Mängel des Ernährungssystems endlich wieder auf die Tagesordnung. Die politischen Entscheidungsträger haben nun kaum eine andere Wahl, als sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen, was unserer Meinung nach in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen für den Übergang zu einem nachhaltigen Ernährungssystem zur Verfügung stellen wird.

          A basket of fresh vegetables

          Investitionen in solche Lebensmittelsysteme versprechen Vorteile in vielen Bereichen:

          1. Umwelt: Nachhaltige Produktionsverfahren für Lebensmittel können dazu beitragen, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, Wasser zu sparen und die Bodenqualität zu schützen.
          2. Sozial: Sie können dazu beitragen, lokale Gemeinschaften zu unterstützen und die Ernährungssicherheit zu fördern, indem sie eine stabile und zuverlässige Lebensmittelversorgung gewährleisten.
          3. Wirtschaftlich: Investitionen können Arbeitsplätze schaffen und das Wirtschaftswachstum in der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie anregen.
          4. Gesundheit: Sie können dazu beitragen, die Menge der in der Lebensmittelproduktion verwendeten Chemikalien zu verringern, die negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben können.

          Unterm Strich ist die Investition in ein nachhaltiges Ernährungssystem eine kluge Entscheidung, von der Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen profitieren. Sie können zu einer langfristigen Ernährungssicherheit beitragen und daneben gesunde und auch tragfähige Gemeinschaften fördern.

           

          Wichtige Wachstumsbereiche

          Das Jahr 2022 verzeichnete einen starken Anstieg der Nachfrage nach Landwirtschafts- und Landmaschinen. Gleichzeitig verzögerten Engpässe in der Lieferkette die Produktion und die Lieferungen und die Nachfrage nach Rohstoffen wie Getreide stieg nicht nur wegen der wachsenden Weltbevölkerung, sondern auch als Folge des Krieges in der Ukraine. Zwei Makrotrends werden nun bedeutsam: Die Verknappung von bewirtschaftbaren Landflächen im Zuge des Urbanisierungsprozesses und des in vielen Regionen vorherrschenden Arbeitskräftemangels. Diese kritische Situation bedeutet ein nahezu perfektes Umfeld für Landmaschinenhersteller wie beispielsweise Deere, AGCO und CNH Industrial, die allesamt eine Oligopolstellung in der Agrarindustrie innehaben. Da überdies die Nachfrage vor allem nach autonomer und präziser Landwirtschaft, die Produktivität und Effizienz zu steigern vermag, ohne dass mehr Land oder neue Arbeitskräfte eingesetzt werden müssen, auch wächst, ist zu erwarten, dass diese Unternehmen aufgrund ihrer stark gefestigten Position und ihrer schieren Marktgröße weiterhin profitieren werden.

          Global precision agriculture market

          Der Europäische „Green Deal“ stand 2022 im Mittelpunkt des Interesses. Sicherlich war dies zum Teil dem im März 2022 veröffentlichten Entwurf der „Plattform für nachhaltige Finanzen der Europäischen Kommission für technische Prüfkriterien der Kreislaufwirtschaft“ zu verdanken.[2] Doch erst kürzlich, am 30. November 2022, stellte die EU-Kommission ihre neu EU-weite Verpackungsregelungen vor.[3] Im Durchschnitt erzeugt jeder Europäer fast 180 kg Verpackungsabfälle pro Jahr.[4] Verpackungen sind einer der Hauptverbraucher von Neumaterialien – 40 Prozent der in der EU verwendeten Kunststoffe und 50 Prozent des Papiers dienen Verpackungszwecken.[5] Ohne jegliche Maßnahmen würde der Verpackungsabfall in der EU bis 2030 um weitere 19 Prozent zunehmen, bei Kunststoffverpackungen wären es sogar 46 Prozent.[6]

          Die neue Verpackungsverordnung soll dieses Problem nun in Angriff nehmen. So soll die Regelung beim Verbraucher für wiederverwendbare Verpackungen sorgen, unnötige Verpackungen beseitigen, Überverpackungen begrenzen und mithilfe einer klaren Kennzeichnung ein sachgerechtes Recycling gewährleisten. Für die Industrie schafft dies neue Geschäftsmöglichkeiten, verringert den Bedarf an neuen Materialien, steigert die europäischen Recyclingkapazitäten und macht Europa weniger abhängig von Primärressourcen und soll den Verpackungssektor auf den Weg zur bis 2050 geplanten Klimaneutralität bringen.

          Wir gehen davon aus, dass dies ein gutes Zeichen für europäische, nachhaltige Verpackungsunternehmen wie DS Smith, O-I Glass, SIG Combibloc und BillerudKorsnäs sein wird, die sich auf wiederverwendbare, recyclingfähige und kompostierbare Verpackungen konzentrieren. Das britische Unternehmen DS Smith beispielsweise arbeitet bereits mit der Ellen McArthur Foundation – einer Stiftung zur Förderung von Kreislaufwirtschaft – zusammen, um das Ziel der 100-prozentigen Wiederverwertbarkeit zu erreichen.[7]

          New EU rules on packaging and its waste

          Die Bereitstellung von Düngemitteln stand im Jahr 2022 ganz oben auf der Agenda vieler Regierungen. Nicht erst seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges, sondern sogar schon im Vorfeld des Krieges, spitzte sich eine weltweite Düngemittelkrise zu. Russland bleibt weltweit ein wichtiger Lieferant von Mineraldünger, vor allem für die EU und Lateinamerika. Unterbrechungen in der Lieferkette von Düngemitteln und Kali aus Russland und Weißrussland führten im vergangenen Jahr zu einer Versorgungskrise: Im September 2022 stiegen die Preise für Stickstoffdünger im Jahresvergleich um 149 Prozent.[8] Einige, auch viele namhafte Düngemittelfirmen sahen sich nicht in der Lage, die Kosten zu tragen, während andere aufgrund der Preiserhöhungen florierten. So war 2022 ein Rekordjahr für die am besten geführten Düngemittelunternehmen der Welt – wie beispielsweise Yara in Norwegen oder FMC in den USA. In Europa wurden die Bedürfnisse der Düngemittelindustrie trotz der Rekordgewinne im vergangenen Jahr von der Europäischen Kommission Ende letzten Jahres als vorrangig eingestuft. In ihrer Düngemittelmitteilung vom 15. November 2022 kündigte die Europäische Kommission zum Schutz der europäischen Düngemittelindustrie an, dass sie entsprechende Vorkehrungen treffen werde. Dazu gehöre die Reservierung von Gas für den Agrarsektor und Genehmigungen für weitere und/oder neue Ausnahmen bei der finanziellen Unterstützung der Industrie und der Landwirte, die von mineralischen Rohstoffen abhängig sind.[9]

          Diese Erklärung war eine Reaktion auf das US-Gesetz zur Senkung der Inflation (Inflation Reduction Act), das Amerika aufgrund eines neuen Steuergutschriftensystems im Laufe der Zeit den billigsten grünen Wasserstoff der Welt bescheren soll. Hersteller von grünem Wasserstoff (d.h. Wasserstoff aus erneuerbarem Strom) erhalten eine Steuergutschrift in Höhe von drei US-Dollar für jedes Kilogramm des kohlenstofffreien Kraftstoffs, den sie zehn Jahre lang nach Inbetriebnahme der entsprechenden Anlagen liefern können.[10] Durch die Produktionssteuergutschriften wird die umweltfreundliche Herstellung von Stahl, Düngemitteln und Schiffskraftstoffen zu Kosten im Vergleich zu den derzeitigen Preisen für fossile Rohstoffe wettbewerbsfähig.[11]

          Kostengünstiger grüner Wasserstoff wäre auch für die Düngemittelindustrie ein unglaublicher Fortschritt, denn Wasserstoff ist ein wichtiger Rohstoff für die Herstellung von Ammoniak und wird derzeit aus Erdgas gewonnen. Yara in Norwegen ist unserer Einschätzung nach das Düngemittelunternehmen, das hinsichtlich der Umstellung seiner Produktion mit grünem Wasserstoff den konsequentesten Weg beschreitet.[12] Im laufenden Jahr dürften noch mehr dieser strategischen “grünen” Weichenstellungen durch Unternehmen und Regulierer folgen. Auch wenn die Düngemittelpreise hoch bleiben, werden Unternehmen, die sowohl auf traditionelle als auch auf zukünftige Düngemittel setzen, vom Markt wahrscheinlich als günstig wahrgenommen.

          Agriculture science

          • Lebensmittelverschwendung

          Wenn es jemals einen Megatrend gab, der Innovationen im Lebensmittelbereich vorantrieb, dann ist es die Nachhaltigkeit. Innovative Lösungen werden unerlässlich sein, wenn es darum geht, die Auswirkungen der Landwirtschaft auf Klima und Umwelt, Ökosysteme und Artenvielfalt, Wasser und Boden zu verringern. Darüber hinaus sind neuartige Lösungen zur Effizienzverbesserung innerhalb der Lebensmittelversorgungsketten von entscheidender Bedeutung.

          Die Vermeidung von Lebensmittelabfällen muss ein Ziel dieser Lösungen sein. Angesichts der erheblichen Kostensteigerung, die wir im letzten Jahr erlebt haben, haben die besten Lebensmittelunternehmen versucht, ihre Produktrezepturen anzupassen. Es gibt hierfür kein besseres Vorbild als den US-amerikanischen Lebensmittelproduzenten Lamb Weston.

          Die Verwendung alternativer Zutaten hat den Lebensmittelunternehmen geholfen, das Produktionsniveau auch in Zeiten von Versorgungsengpässen zu halten. Das weltweite Angebot an Weizen, aus dem Stärke hergestellt wird, war in diesem Jahr aufgrund der russischen Invasion in die Ukraine und extremer Wetterbedingungen knapp. Gerade Stärke galt als eines der Rohstoffe, für die die Führungskräfte von Lamb Weston Anfang des Jahres eine hohe Kosteninflation beklagten. Um mit diesem Problem umzugehen, begann das Unternehmen mit der Beschaffung von Erbsenstärke, einem Nebenprodukt der Erbsenverarbeitung (das normalerweise als Abfall entsorgt wird), das die herkömmliche Stärke ersetzen sollte. In Tests zeigte sich tatsächlich, dass Erbsenstärke in Bezug auf Geschmack und Verbraucherakzeptanz nahezu identisch mit unseren herkömmlichen Backwaren ist.[13] Und nicht nur das: Diese alternative Stärke wird bereits in vielen Produkten von Lamb Weston verwendet, wodurch sowohl das wirtschaftliche Problem (Kosten) als auch das Umweltproblem (Abfall) gelöst werden konnten. 

           

          Verwandter ETF

          RIZF: Rize Sustainable Future of Food UCITS ETF

           

          Verweise:

          [1] Future of Food, “UNTAPPED OPPORTUNITIES: CLIMATE FINANCING FOR FOOD SYSTEMS TRANSFORMATION”, 2022. Aufrufbar unter: https://futureoffood.org/insights/untapped-opportunities-climate-financing-for-food-systems-transformation/

          [2] European Packaging EU, “EU Taxonomy: the transition to a circular economy”, April 2022. Aufrufbar unter: https://www.europen-packaging.eu/news/eu-taxonomy-the-transition-to-a-circular-economy/#:~:text=On%2030%20March%202022%2C%20the,water%20and%20marine%20resources%2C%20pollution

          [3] European Commission, “European Green Deal: Putting an end to wasteful packaging, boosting reuse and recycling”, November 2022. Aufrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_22_7155

          [4] Ebd.

          [5] Ebd.

          [6] Ebd.

          [7] Business Wire, “DS Smith Launches ‘Circular Design Principles’ to Eliminate Waste, Drive Sustainability in Packaging”, August 2020. Aufrufbar unter: https://www.businesswire.com/news/home/20200817005072/en/DS-Smith-Launches-%E2%80%98Circular-Design-Principles%E2%80%99-to-Eliminate-Waste-Drive-Sustainability-in-Packaging

          [8] European Commission, “Food security: the Commission addresses the availability and affordability of fertilisers in the EU and globally”, November 2022. Aufrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/IP_22_6564

          [9] Ebd.

          [10] Energy Monitor, “The Inflation Reduction Act: The moment for US green steel and fertiliser”, September 2022. Aufrufbar unter: https://www.energymonitor.ai/tech/hydrogen/the-inflation-reduction-act-the-moment-for-us-green-steel-and-fertiliser/

          [11] Ebd.

          [12] Yara International, Company Website, 2023. Aufrufbar unter: https://www.yara.com/yara-clean-ammonia/

          [13] Supply Chain Drive, “Pea starch helps Lamb Weston reduce supply chain snags, trim food waste”, Juli 2022. Aufrufbar unter: https://www.supplychaindive.com/news/pea-starch-alternative-ingredient-aids-lamb-weston-sustainability-food-waste/626791/

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